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Freitag,
25. Juli 1997
Aktuelles zur Währungsunion Inhalt

 
Die Einigung auf den Stabilitäts- und Wachstumspakt, auf den sich die Staats- und Regierungschefs am ersten Tag des Europäischen Rates von Dublin verständigen konnten, ist in der internationalen Presse kontrovers kommentiert worden. Vornehmlich ging es dabei um die Frage, ob sich die deutsche oder französische Position durchgesetzt habe. Nachfolgend haben wir einige Beiträge zusammengefaßt.

 
The New York Times

14. Dezember 1996. » Das Ergebnis stellt einen Kompromiß zwischen Deutschland, dessen Vertreter entschlossen waren, die Sicherheit ihrer geliebten DM auf den Euro auszuweiten, und den meisten anderen europäischen Staaten dar, die eine Ausnahmeregelung für spezielle Umstände forderten. Der Plan mag in der Praxis funktionieren oder nicht, aber es ist immer noch möglich, daß das Projekt letztendlich scheitert bevor es überhaupt gestartet worden ist. Die fast einhellige Meinung unter den Finanzexperten ist, daß der Euro wahrscheinlich pünktlich zum 1. Januar 1999 starten wird und das wenigstens acht Staaten, geführt von Deutschland und Frankreich, von Beginn an teilnehmen werden. «   The New York Times

 
Handelsblatt

14. Dezember 1996. » Die Vereinbarung über solide Staatshaushalte schließt zugleich die technischen Vorarbeiten für den Euro weitgehend ab. Dazu gehören außerdem ein Wechselkurssystem zwischen dem Euro und den vorerst an der Gemeinschaftswährung nicht teilnehmenden Staaten (EWS II) sowie Verordnungen über den Rechtsstatus der EU-Währung. Gleichwohl blieben Meinungsunterschiede zwischen den EU-Partnern bestehen. Waigel betonte, man habe eine 'Quasi-Automatik' für die Verhängung von Geldbußen bei Überschreitung der vom Vertrag gesetzten Grenze für die Neuverschuldung erreicht. Demgegenüber äußerte Jacques Chirac, es gebe 'keinen Automatismus'. «   Handelsblatt

 
The Times ­ Internet Edition

16. Dezember 1996. » Frankreich hat zwei entscheidende Siege errungen. Durch den Maastrichter Vertrag selbst wurde die Wechselkurspolitik des Euro zu einer Angelegenheit des Ministerrates, der mit qualifizierter Mehrheit entscheidet. Der Gipfel von Dublin legte nun fest, daß Strafen, die aus dem Stabilitätspakt resultieren, durch den Rat der Finanzminister bestimmt werden, ebenfalls unter Anwendung der qualifizierten Mehrheit. Dieses ist kein unabhängiger Euro; der Wechselkurs und die Finanzpolitik werden politisch durch den üblichen Verhandlungsprozeß zur Erreichung von Mehrheiten im Ministerrat entschieden. «   The Times ­ Internet Edition

 
Süddeutsche Zeitung

13. Dezember 1996. » Bei der Debatte um einen europäischen Stabilitätspakt standen sich zwei konträre geld- und finanzpolitische Grundsatzauffassungen gegenüber. Der deutschen Linie ging es vor allem um die Stabilität und das Vertrauen der Finanzmärkte in die künftige europäische Währung. Die französische Position wollte einen etwas weicheren Euro, um damit die Exportaussichten der europäischen Industrie zu verbessern. Bundesregierung und Bundesbank sahen sich in den vergangenen Wochen einer fast geschlossenen Front von Weichmachern gegenüber. Unterstützung für Bundesfinanzminister Theo Waigel gab es nur von den Niederlanden und mit Abstrichen auch von Luxemburg, das freilich auf seinen Nachbarn Frankreich Rücksicht nehmen mußte. «   Süddeutsche Zeitung

 
Financial Times

14. Dezember 1996. » Deutschland drängte den Rest der Europäischen Union, sich einem strengen Haushaltsstabilitätspakt für die zukünftige Euro-Zone anzuschließen, der nahezu automatische Sanktionen gegen die Anhäufung eines exessiven Defizits androht. «   Financial Times

 
Le Monde

15. Dezember 1996. » Die Schwierigkeiten, unter denen die Einigung von Dublin zustande gekommen ist, bergen die Gefahr, das Narben bleiben. Die Probleme haben auf beiden Seiten des Rheins Vorbehalte genährt und unterstreichen die Schwäche der Institutionen der Gemeinschaft zur Steuerung der Währungsunion. Es wird die Aufgabe der Regierungskonferenz werden, hier nachzubessern. Auf jeden Fall wird des schwierig, einer von fortdauernder Arbeitslosigkeit geängstigten Öffentlichkeit die Vision eines strikt monetaristisch ausgerichteten Europa zu vermitteln. «   Le Monde

 
The Wall Street Jounal [Europe]

16. Dezember 1996. » Der Stabilitätspakt, durch den die Mitgliedstaaten riskieren, hohe Strafen zahlen zu müssen, wenn ihr Haushaltsdefizit die Marke von 3 Prozent des BIP überschreitet, wurde zuerst im vergangenen Jahr von Deutschland vorgeschlagen. Sie beharrten auf einem solchen System, um die eigene Öffentlichkeit und die Märkte davon zu überzeugen, daß eine geringe Inflation beibehalten werde, wenn der Euro die DM ersetzt. Frankreich widersetzte sich ­ mit überwältigender Unterstützung der übrigen Staaten ­ , akzeptierte aber schließlich den Stabilitätspakt mit dem Zugeständnis, Politiker, nicht Bürokraten würden entscheiden, wann derartige Strafen verhängt werden. «   The Wall Street Jounal [Europe]

 
Der Spiegel

16. Dezember 1996. » Den Streit, der die Finanzminister Europas etliche Stunden Schlaf kostete und der den Terminplan des Gipfels durcheinander brachte, hatte Theo Waigel mit nach Dublin gebracht. Bis zuletzt bestand der Deutsche darauf, daß automatisch bestraft wird, wer die Drei-Prozent-Verschuldungsgrenze überschreitet. Die Franzosen verlangten, daß die Situation, in der sich der Sünder befinden könnte, berücksichtigt werden müsse. Genau das wollten die Deutschen verhindern. Wie die Franzosen waren alle anderen Partner der Meinung, daß der Deutsche diesmal in seinem Bestreben, den Euro vor jeder Gefahr zu schützen, zu weit gehen wollte. Mit seiner Unnachgiebigkeit hatte Waigel besonders seinen französischen Kollegen Jean Arthuis schon vor dem Gipfel ernste Probleme bereitet. Die Franzosen sind es leid, bei der Einführung der gemeinsamen Währung immer nur treu bei Fuß zu gehen. Und die Pariser Regierung kann es sich nicht leisten, weiterhin den Deutschen in allem nachzugeben. «   Der Spiegel

 
Die Zeit

20. Dezember 1996. » Wochenlang hatten sich Paris und Bonn in einen Streit um den Stabilitätspakt verkeilt; noch am Donnerstag, so erzählt ein Augenzeuge, war die Dubliner Krisensitzung der Finanzminister 'zu einer Art Kulturkampf' ausgeartet. Deutsche 'Stabilität' verlangte nach 'automatischen Sanktionen' für Schuldenmacher, französische 'Souveränität' forderte 'das letzte Wort für die Politik'. Mehr hatten sich Theo Waigel und sein französischer Widersacher Jean Athuis kaum noch zu sagen. Daß die Verhandlungen um den Euro nicht platzten, war anderen zu verdanken, vor allem Jean-Claude Juncker, dem luxemburgischen Premier und Finanzminister. Der betrieb stundenlang Seelenmassage und entwarf schließlich jene Kompromißformel, die Jacques und Helmut, der Lange und der Dicke, tags drauf mit Handschlag besiegelten. «   Die Zeit

 
The Irish Times

14. Dezember 1996. » Die nach vielen Stunden von Verhandlungen erreichte Übereinkunft beinhaltet etwas für beide Seiten. Für die Deutschen, und jene die ihre Ansicht teilen, stellt sie sicher, daß ein strenges fiskalisches Regime die Einführung des Euro begleitet. [...] Für die Franzosen, und alle die ihre Auffassung teilen, erlaubt es der Kompromiß, daß politische Beratungen angesetzt werden, wenn es darum geht, auf wirtschaftliche Krisensituationen zu reagieren. (...) Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß diese Übereinkunft ein Meilenstein in dieser kritischen Phase des Projektes darstellt. «   The Irish Times

 
The Economist

21. Dezember 1996. » Obwohl Herr Waigel immer noch darauf besteht, daß die Vereinbarung eine "Quasi-Automatik" beinhalte (was auch immer das bedeutet), hat sich Frankreich mehrheitlich durchgesetzt. Die neuen Regeln gewähren den Staaten tatsächlich automatische Absolution sofern ihre Wirtschaft um mehr als zwei Prozent schrumpft. Und sie können immer noch das Vorhandensein einer außergewöhnlichen Situation geltend machen, wenn sich ihre Wirtschaft überhaupt rückläufig entwickelt, obwohl die Resolution aussagt, daß der Rückgang des BIP mindestens 0,75 Prozent ausmachen müsse, bevor Nachsicht geübt werden könne. Sanktionen, etwa die Überweisung von Strafgebühren in Höhe von 0,5 Prozent des BIP, müssen darüber hinaus vom Ministerrat genehmigt werden. «   The Economist

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